13 Mai 2011

Thor

Die Wüste in New Mexico. Schon oft war sie der Schauplatz überirdischer Ereignisse. Schon oft war sie die Kulisse geheimer Experimente in den Filmen Hollywoods. Hier nun treffen wir auf drei Forscher, die seltsamen Wetterphänomenen auf der Spur sind. Angeführt von Jane Foster (Natalie Portman) rasen Erik Selvig (Stellan Skarsgård) und Darcy Lewis (Kat Dennings) mit ihrem Mobil über Sandpisten in Richtung eines sich formenden Tornados. Kaum angekommen, will Jane natürlich in bester Twister-Manier ins Auge des Sturms fahren und prompt stoßen sie mit einer Gestalt zusammen, die dort eigentlich nichts verloren hat. Ein Mann, scheinbar direkt dem Tornado entstiegen, zunächst orientierunglos und Namen aus alten nordische Mythen gen Himmel rufend, erschreckt Darcy derart, dass sie ihn kurzerhand mit ihrem Taser lahmlegt. Zuvor droht er ihr und sagt, sein Name sei Thor.

So beginnt die neueste Marvel-Verfilmung aus der Schmiede des Shakespeare-Regisseurs Kenneth Branagh, der dem deutschen Publikum in sechs Folgen als Kommissar Wallander in seiner Tätigkeit als Schauspieler auch neben seinen etlichen Hollywoodrollen und Regiearbeiten bekannt sein dürfte. Er zaubert ein visuelles Spektakel auf die Leinwand, das einen fast glauben lässt, dies wäre der erste Popcornstreifen diesen Jahres, obwohl für uns in Deutschland natürlich TRON: Legacy im Januar schon diesen Platz einnimmt. Wo sich beide im visuellen Stil das Wasser reichen, bleibt Thor in der 3D-Umsetzung leider auf der Strecke. War 3D bei TRON: Legacy nicht nur explizites Stilmittel um zwischen realer und Computerwelt unterscheiden zu können und die Umsetzung nahe an der Referenz, die James Cameron mit Avatar abgeliefert hat, wirkt es bei Thor aufgesetzt. Der Effekt ist oftmals kaum spürbar, so dass man sich fragt, wozu man die lächerlichen Brillen trägt und bei mir war es seit Langem auch mal wieder relativ kopfschmerzig. Der Effekt trägt zum Film tatsächlich nichts bei und erweckt den Eindruck, dass das Studio-Marketing den 3D-Aufkleber um jeden Preis auf die Plakate klatschen wollte. Es ist auch seltsam, da der Film visuell extrem stilvoll ist und dem Zuschauer viel bietet, an dem sich die Augen satt sehen können - ganz ohne halbgares 3D.

Comicheldenverfilmungen. Mag man die beiden Iron Man-Filme, mag man The Incredible Hulk und den noch kommenden Captain America, dann mag man auch Thor. Marvel hat sich durch halbversteckte Easter-Eggs und Cameoauftritte viel Mühe gemacht, um ein glaubwürdiges, filmübergreifendes Universum zu schaffen und wird somit schon automatisch die Fans anziehen. Aber auch für den gänzlich unvertrauten Kinobesucher, kann der Film funktionieren, schließlich spielt es gar keine Rolle, ob Thor ein Comicheld ist, oder nicht. Seine ganze Geschichte, alle handelnden Figuren entspringen dem nordischen Mythos und es funktioniert die “technologisch oder zivilisatorisch höherentwickelte Wesen wurden auf der Erde als Götter verehrt”-Sichtweise hier ganz genauso, wie bei Stargate, Indiana Jones: Das Königreich des Kristallschädels oder selbst Alien vs. Predator. Der Film lohnt nicht nur wegen einem Ausflug in die nordische Mythologie sondern auch wegen dem Spaß und ja, auch der Action. So sehr es ernste eindringliche Szenen beispielweise zwischen Vater und seinen Söhnen gibt, gibt es auch wirklich lustige Momente, die die Stimmung auflockern und den Film neben seinem fantastischen Spielort Asgard, im wahrsten Sinne des Wortes, erden. Die Szenen am königlichen Hofe Asgards sind inszeniert wie eine Shakespeare-Aufführung: sehr detailliert, voll großer Gesten und großer Worte. Die Dialoge geschliffen und etwas gestelzt formuliert. Immer aus einer der Figur entsprechenden Haltung heraus. Chris Hemsworth leistet als Thor hier neben Anthony Hopkins als Odin gute Arbeit und hat sich von seinem Respekt als Neuankömmling in Hollywood nicht übermannen lassen. Genrefans ist er v.a. als Kirks Vater George Kirk aus Star Trek von 2009 im Gedächtnis. Dies ist seine erste Hauptrolle. Natalie Portman spielt mit einer erfrischenden Leichtigkeit, eigentlich so wie jede ihrer Rollen. Sie schlüpft in die Jane hinein und ist sie. Langsam glaube ich abgedroschen zu klingen, aber die Chemie stimmt. Thor und Jane sind kein einfaches Liebespaar, mehr von dem Typ: zufällig zusammengestoßen und haftengeblieben. Weder ist die Beziehung der beiden zueinander besonders dramatisch mit endlosen Hochs und Tiefs (kein Rollercoaster-Ride) noch ist sie unglaubwürdig. Es prickelt auf einer intellektuellen Ebene zwischen den beiden. Schließlich verkörpert Thor all das, was Jane versucht als Forscherin zu begreifen.

Langsam verdichtet sich das Netz der Marvel-Helden auf der Leinwand für ein Aufeinandertreffen im Film The Avengers, der sich gerade im Dreh befindet. Wer sich an Iron Man 2 erinnert und bis nach den Endcredits sitzenblieb - was im Übrigen bei ALLEN Marvelverfilmungen für Comicinsider eine Empfehlung ist - wird sich an den Thor-Teaser erinnern - eine Szene, wie sie auch im tatsächlichen Film stattfindet. S.H.I.E.L.D. hat in Person von Agent Phil Coulson (Clark Gregg) einen ersten ausgedehnten Auftritt - in Iron Man war er ja gerade noch mit Namensfindung beschäftigt und nur am Ende mit von der Partie. Es bleibt bis 2012 und darüberhinaus spannend.

Fazit:
Popcornunterhaltung erster Güte. Ein Muss sowohl für Genre- und Marvel-Fans als auch Freunde des gepflegten Sci-Fi-Action-Abenteuers. Perfekt für einen verregneten Kinoabend oder nach einem Tag voller Sonnenbrandgefahr.

8 von 10 Hammerschläge

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