27 Juni 2011

The Tree of Life

- seit 16.06.2011 im Kino -

Inhalt:
Jack (Sean Penn), ein Mann im Anzug, wie viele Andere in irgendeinem Job, in irgendeinem Turm aus Glas und Stahl. Auf der Suche nach Bestimmung, erinnert er sich an seine Kindheit in einer texanischen Kleinstadt der 60er Jahre. Angefangen von unbeschwertem Herumtollen entwickelt sich ein Bild einer Familie, in der die Elternparts unterschiedlicher nicht sein könnten. Die Mutter (Jessica Chastain) ist wie ein Bündel emphatischer Energie, mehr im Augenblick verwurzelt und die angebliche Göttlichkeit in allen Dingen bewundernd. Der Vater (Brad Pitt) hingegen bedauert seine eigenen Lebensentscheidungen und versucht Jack und seine Brüder mit strenger Hand auf eine feindliche Welt vorzubereiten. Parallel dazu läuft dokumentarisch die Entstehung des bekannten Universums ab, die in der Entstehung von Leben auf der Erde gipfelt.

Meinung:
Poesie. Poesie dient Menschen dazu Unbegreifliches, Unerklärbares in unzulängliche Worthülsen zu packen, die bei aller Gewandtheit doch nur an der Oberfläche eines abstrakten Konzeptes wie Liebe oder Glauben kratzen können. Terrence Malick ist nun ein moderner Poet oder man sieht ihn zumindest gern als solchen. Sein Mittel sind gesprochenes Wort und Bilder. Gewaltige Bilder. Leider schafft er es jedoch nicht einen plausiblen Zusammenhang zwischen Familiendrama und Astrodoku zu weben. Vielmehr hat man den Eindruck einem christlichen Wissenschaftler bei dem Verfassen eines defragmentierten Buches zuzusehen. Er versucht Gott, in jeden Klumpen Materie und in die metaphysischen Konzepte wie Seele zu pressen. Für mich als Ungläubigen waren die 137min Film eine rechte Tortur.

Ich war froh, wenn man dem Universum beim Entstehen zusehen konnte und nicht dieses verkopfte Familienschicksal beim eskalieren miterleben musste. Ein Schicksal, dass in Form von Erinnerungsfetzen am Betrachter vorbeischwebt und mit einer übermäßigen Häufung der selben Bilder krampfhaft versucht poetisch zu erscheinen. Da wird zum hundertsten Male dramatisch durch eine Tür gegangen und ein Lichtschein auf Irgendwen oder Irgendwas gelenkt. Dabei ist dieses häusliche Drama kein Besonderes. Vielleicht zeichnet es sich dadurch aus, dass es nicht eindimensional zeigt, der Vater ist der Böse, die Mutter ist die Gute, sondern davon ausgeht, das jeder Mensch zu beidem fähig ist. So gibt es auch wundervolle intime Momente zwischen Vater und Söhnen, die in ihrer Häufigkeit nur leider nicht so stark ausfallen wie die Herrschsüchtigen. Genauso wie die Bilder in Fetzen auf der Leinwand erscheinen, gibt es endlos wenig Dialog überschattet von szenenübergreifenden einsilbigen, fast mantrahaften Monologen von Jack. Im Rahmen des Möglichen waren die Darstellungen der Familie, besonders der Söhne, recht gut. Ihre Angst vor dem Vater und ihre Position zwischen Vater und Mutter konnten diese drei texanischen Jungs ohne Schauspielerfahrung gut meistern. Aufgrund der Fetzen war es möglich ein wenig Entwicklung innerhalb der portraitierten Kindheitsphase zu erkennen, aber auch hier bleibt es mehr bei Dingen, die der Familie zustoßen, als bei großen Veränderungen in den Charakteren selbst.

Ich würde dem Film Poesie zugestehen, wenn die ganzen Gott- und Schöpfungsgleichnisse heruntergeschraubt würden. Sie entsprechen nicht meiner Lebenswahrheit und umso weniger kann ich mit ihnen etwas anfangen. Im Gegenteil, bei mir baut sich Widerstand auf, wenn wissenschaftliche Erkenntnisse für spirituelle Zwecke missbraucht werden. Wer The Fountain von Aaronofsky mochte, dürfte hier einen Orgasmus nach dem anderen haben. In der Tat war The Tree of Life für mich der größte und gleichzeitig bombastischste, esoterische Schwachsinn, den ich je gesehen habe. Der Film bekommt ein Beinchen für die schönen Bilder vom Hubble-Teleskop und den dokumentarischen Teil des Films, der einem nicht zuletzt wegen dem Effektspezialisten Douglas Trumbull wie ein Teil von 2001: Odyssee im Weltraum vorkommt. Wäre es bei dieser Space-Opera geblieben, sähe mein Urteil ganz anders aus, doch die Verknüpfung mit einem Drama ist meines Erachtens ganz großer Quatsch.

Fazit:
Wer sich in die Weiten des Weltraums entführen lassen und von den astronomischen Kräften beeindruckt werden möchte greift doch lieber zu einer Doku, auch wenn man solche Bilder leider wirklich kaum unkommentiert im Kino zu sehen bekommt. Familiendrama funktioniert besser in Serie, Shameless wäre da meine Empfehlung. Was der Familiengeschichte nämlich komplett fehlt ist Humor, es wird immer bedrückender und düsterer und ist durchgehend ernst, egal wie toll die Mutter die Umwelt in sich aufsaugt und wie unbeschwert manche Momente erscheinen mögen.

2 von 10 Urknalle

Filminfo:

  • FSK: Freigegeben ab 12 Jahren
  • Länge 138 Min.
  • Verleih: Concorde
  • Start: 16.06.2011

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